FIN4+ und Climate City Cup: Neue, partizipative Ansätze für mehr Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Dirk Helbing, Stefan Klauser, COSS

Der Lehrstuhl für Computational Social Science (COSS) an der ETH Zürich forscht zu Themen wie Dezentralisierung, Selbstorganisation und Partizipation in der digitalen Gesellschaft. Dabei kommen Experimenten und Pilot-Implementierungen eine besondere Rolle zu. Denn wir sind überzeugt, dass es eine Ko-Evolution von verschiedenen Ansätzen braucht, um Fortschritte erzielen zu können. Im Rahmen des Europäischen Konsortiums FuturICT 2.0 bietet sich ein ausserordentlich breites Forschungsfeld, in dem das Team Beiträge wie eine Taxonomie von Distributed Ledger Technologien, neue Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie bis zu Aspekten digitaler Demokratie und Identität, Reputation, und Partizipation erarbeitet hat.

Ein multidimensionales Finanzsystem

Bei FuturICT 2.0 arbeitet das Team an einem neuen, multidimensionalen Finanzsystem, auch Finance 4.0 oder FIN4+ genannt. In diesem System kann jede und jeder digitale Tokens (eine Art Währung) fürs Bäumepflanzen, Ausbilden, Recyceln und vieles mehr erhalten. Nachhaltigkeitsorganisationen, Städte, Unternehmen und Gruppen von Gleichgesinnten können selbständig positive Aktionen definieren, die sie belohnen möchten. Führt jemand diese aus, wird sie/er mit digitalen Tokens belohnt, die ganz verschiedene Arten von gesellschaftlichen Werten repräsentieren. Damit werden direkte Feedback-Systeme geschaffen, die gesellschaftlich erwünschtes Verhalten belohnen können, ohne dafür notwendigerweise monetäre Anreize zu verwenden oder die intrinsische Motivation auszuhebeln.

Persönlichkeitsschutz ist gewährleistet

Die Blockchain-Technologie, kombiniert mit dem Internet der Dinge, sorgt dabei dafür, dass Beweis-Mechanismen automatisiert werden und der individuelle Persönlichkeitsschutz gewährleistet ist. Transaktionen werden auf der Blockchain gespeichert und die Tokens in eine digitale Geldbörse transferiert. Und das alles, ohne dass diese Anreize zentral gesteuert werden oder dass irgendjemand Zugang zu individuellen Nutzerdaten hat. Das Netzwerk ist also komplett dezentral und wird von den Nutzerinnen und Nutzern selbst verwaltet.

Gemeinsam die städtische Lebensqualität verbessern

Um den Menschen einen direkteren Zugang zur Thematik zu gewähren, hat COSS – gemeinsam mit internationalen Organisationen wie dem Städtenetzwerk ICLEI und Unternehmen wie Sensirion und u-blox – den Climate City Cup ins Leben gerufen. Bewohnerinnen und Bewohner von städtischen Gebieten können dabei mithelfen, umweltrelevante Daten zu sammeln und z.B. über ihr Mobilitätsverhalten Auskunft zu geben, sofern sie das wollen. Über einen Zeitraum von 4 Monaten versuchen die Teilnehmenden, durch individuelle und gemeinsame Aktionen die städtische Lebensqualität zu verbessern und so im internationalen Ranking aufzusteigen. Durch diesen spielerischen Ansatz sollen die Menschen dazu angeregt werden, über ihren (stets freiwilligen) individuellen Beitrag zu einem nachhaltigeren Planeten zu reflektieren. Angedacht sind aber auch Innovationswettbewerbe zu globalen Herausforderungen.

Ziel: Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung vereinen

Das Ziel dabei ist stets dasselbe: einen Weg zu finden, wie die Menschen die Vorzüge einer digitalen Welt so nutzen können, dass wir Selbstbestimmung und ein nachhaltiges Zusammenleben unter einen Hut bringen können.


Auf der SAGW-Website finden Sie mehr Informationen zur Nachhaltigen Entwicklung aus Sicht der Geistes- und Sozialwissenschaften.

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