Gesundheitssystem: Die Macht des Geldes

Beatrice Kübli, SAGW, Kommunikation

184 Millionen Franken. So viel gewann ein Schweizer vor ein paar Tagen bei «Euro Millions». Dass sich dadurch sein Leben verändern wird, steht fest. Mit so viel Geld kann man sich einiges leisten. Nur Gesundheit nicht. – Oder doch? Mit der Privatabteilung eines Spitals liegt etwas Luxus drin, aber wird man auch medizinisch besser versorgt? Oder ordnen die Ärzte bei reichen Patienten gar Behandlungen an, die gar nicht nötig sind? Wir haben uns gemeinsam mit der medizinischen Akademie (SAMW) vorgenommen, die Macht im Gesundheitsbereich in all ihren Facetten zu beleuchten. Welcher Einfluss das Geld hat, diskutieren wir in diesem Blogbeitrag und – ganz analog – am 25. Oktober in Bern.

Geld und Macht
Wenn der Nachwuchs verkündet, er wolle «Philosophie» oder «Kunstgeschichte» studieren, macht das die Eltern bisweilen etwas nervös. Bei «Medizin» hingegen, sind sie beruhigt. Ein gutes Einkommen scheint gesichert. Je nach Spezialisierung liegt sogar das ganz grosse Geld drin. Da fragt es sich, inwiefern monetäre Anreize die Studien- oder Spezialisierungswahl beeinflussen. Und ob Spezialisten, die viel Geld verdienen, auch mehr Macht haben. Früher galt die Medizin als freie Kunst und die Patienten entschieden darüber, wie viel sie dem Arzt geben können. Haben sich damals andere Menschen für den Arztberuf entschieden als heute? Haben heutzutage Hausärzte andere Werte als Herzchirurgen? Fest steht, dass man den Hausarzt ohne Versicherung vielleicht noch bezahlen könnte, den Spezialisten hingegen nicht.

Zeit ist Geld
Das Gesundheitssystem hat Einfluss auf die Beziehung zwischen Arzt und Patient. Ein Blick auf die Arztrechnung zeigt: Im Tarmed-System wird im 5-Minuten-Takt abgerechnet. Da ist im Vorteil, wer sich kurzfassen kann. Zeit ist Geld. Obwohl, meist bezahlt es der Patient ja über eine hohe Franchise selbst. Die Sache ist nicht unproblematisch, denn wir sind auf wirtschaftliches Denken ausgerichtet. Wer viel Krankenkassenprämie bezahlt und eine hohe Franchise hat, will etwas für sein Geld. Wenn eine Behandlung möglich ist, dann soll sie auch angeordnet werden. Nur ist dies nicht immer sinnvoll. So ist beispielsweise für Hustenmedizin keine eindeutige Wirkung nachgewiesen, wie unlängst eine Studie der Universität Basel belegte. Die von der medizinischen Akademie (SAMW) unterstützte Choosing-Wisely-Initiative setzt sich dafür ein, dass nur Behandlungen empfohlen werden, die auch sinnvoll sind. Das bedingt, dass die Tarifsysteme keine falschen Anreize setzen. Zurzeit ist es durch die Fallpauschalen gewinnbringend, gewisse Operationen durchzuführen. Und die Behandlungszeit ist beschränkt. Wichtiger wäre aber – wenn auch gemäss Tarifsystem weniger lukrativ –, dass sich der Arzt Zeit nimmt und auf seine Patienten eingeht.

Geld steuert
Dass etwas getan werden muss, ist offensichtlich. Wie üblich, wurde auch in diesem Herbst eine Prämienerhöhung angekündigt. Die Frage, wie das Gesundheitssystem neu erfunden werden könnte, wurde am Wochenende in Genf diskutiert. Letztlich müssen «alle Akteure in die Pflicht» genommen werden, wie Bundesrat Alain Berset es in seinem Paket zur Kostendämpfung vorsieht. Denkbar ist auch, dass er mit einem Globalbudget in die Steuerung eingreift. Geld kann vieles bewirken.

Auf welchem Weg auch immer, wenn die Gesundheitskosten gebremst oder gar gesenkt werden könnten, würde für alle etwas mehr in der Kasse bleiben. Keine 184 Millionen, aber für einen Lottoschein würde es reichen.


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Medical-Humanities-Tagung: Die Macht des Geldes
Donnerstag, 25. Oktober 2018, Eventfabrik, Bern
13.15-17.15 Uhr

Roadmap «Nachhaltiges Gesundheitssystem» der Akademien der Wissenschaften Schweiz: http://www.roadmap-gesundheitssystem.ch

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