Dr. Franca Siegfried Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Bina Agarwal hat ein grosses wissenschaftliches Ziel, die Welt auf das mutige, stille Schaffen der Frauen im globalen Süden aufmerksam zu machen. Die gebürtige Inderin ist Professorin für Entwicklungsökonomie und Umwelt der Universität Manchester im Nordwesten Englands. Sie konnte sowohl interdisziplinär wie auch mit diversen Methoden, von der klassischen ökonometrischen Analyse bis zur qualitativen Bewertung aufzeigen, wie sich die Benachteiligung der Frauen auf die Gesellschaft auswirkt. Dabei stellte sie auch innerfamiliäre Beziehungen in Frage und suchte nach neuen Modellen für soziale Normen und Eigentumsverhältnisse, welche die Verhandlungsmacht von Frauen verbessern. Agarwals Beitrag mit dem Titel "Tarifverhandlungen und Geschlechterbeziehungen" (1997) ist bis heute der meist gelesene Artikel in der Zeitschrift „Feminist Economics“ (siehe Link). Die Ökonomin hat mit ihrem Engagement in den Disziplinen Gender und Entwicklung neue intellektuelle, wie auch politische Wege ermöglicht: Deshalb wurde im Jahr 2005 sogar das Hindu-Erbrecht in Indien zugunsten der Frau angepasst. Agarwals Arbeiten über Geschlecht, Eigentum und Macht beweisen ebenfalls, dass die Fähigkeit der Frauen, Land zu besitzen und zu erben, eine signifikante Abschreckung gegen eheliche Gewalt darstellt. Dieser engagierten Professorin wird am 17. November im Bundeshaus der internationale Balzan-Preis überreicht. Passend zu Agarwals Mission stammt der Preis, dotiert mit 750'000 Schweizer Franken, aus dem Erbe einer Frau. Angela Lin Balzan hatte mit den 31 Millionen Franken, die sie 1953 von ihrem Vater erbte, eine Stiftung zur Förderung der Wissenschaft gegründet. Eigentlich sind es zwei Stiftungen: Ein Fond mit Sitz in Zürich, der das Geld verwaltet. Die Erträge bekommt die Schwesterstiftung mit Sitz in Mailand, welche die Balzan-Preisträger nominiert.
Bina Agarwal hat ein grosses wissenschaftliches Ziel, die Welt auf das mutige, stille Schaffen der Frauen im globalen Süden aufmerksam zu machen. Die gebürtige Inderin ist Professorin für Entwicklungsökonomie und Umwelt der Universität Manchester im Nordwesten Englands. Sie konnte sowohl interdisziplinär wie auch mit diversen Methoden, von der klassischen ökonometrischen Analyse bis zur qualitativen Bewertung aufzeigen, wie sich die Benachteiligung der Frauen auf die Gesellschaft auswirkt. Dabei stellte sie auch innerfamiliäre Beziehungen in Frage und suchte nach neuen Modellen für soziale Normen und Eigentumsverhältnisse, welche die Verhandlungsmacht von Frauen verbessern. Agarwals Beitrag mit dem Titel "Tarifverhandlungen und Geschlechterbeziehungen" (1997) ist bis heute der meist gelesene Artikel in der Zeitschrift „Feminist Economics“ (siehe Link). Die Ökonomin hat mit ihrem Engagement in den Disziplinen Gender und Entwicklung neue intellektuelle, wie auch politische Wege ermöglicht: Deshalb wurde im Jahr 2005 sogar das Hindu-Erbrecht in Indien zugunsten der Frau angepasst. Agarwals Arbeiten über Geschlecht, Eigentum und Macht beweisen ebenfalls, dass die Fähigkeit der Frauen, Land zu besitzen und zu erben, eine signifikante Abschreckung gegen eheliche Gewalt darstellt. Dieser engagierten Professorin wird am 17. November im Bundeshaus der internationale Balzan-Preis überreicht. Passend zu Agarwals Mission stammt der Preis, dotiert mit 750'000 Schweizer Franken, aus dem Erbe einer Frau. Angela Lin Balzan hatte mit den 31 Millionen Franken, die sie 1953 von ihrem Vater erbte, eine Stiftung zur Förderung der Wissenschaft gegründet. Eigentlich sind es zwei Stiftungen: Ein Fond mit Sitz in Zürich, der das Geld verwaltet. Die Erträge bekommt die Schwesterstiftung mit Sitz in Mailand, welche die Balzan-Preisträger nominiert.
Sein Leben für die Zeitung
Eugenio Balzan
begann als Korrektor in der Zeitung „Corriere della Sera“ und fahndete nach Schreibfehlern
der Redaktoren. Bald wechselte er selber in den Journalismus und wurde nach
wenigen Jahren zum administrativen Direktor. Mit seinem Organisationstalent machte
Balzan das Blatt des liberalen Bürgertums von Mailand zur grössten Zeitung
Italiens. Die Gesinnung des „Corriere della Sera“ war jedoch für italienische
Faschisten eine Kampfansage. Entsprechend gerieten die Blattmacher ab 1922 zunehmend
unter Druck, so auch „Direttore Balzan“. Im Jahr 1933 reiste er für einen sogenannten
Kuraufenthalt nach Lugano – nach 30 Jahren „Corriere della Sera“ musste er als
politisch Vertriebener seiner Heimat Italien den Rücken kehren. Die Kriegsjahre
verbrachte er, diskret von der Polizei überwacht, in Lugano und Zürich. Balzan lebte
fortan in Hotels und kümmerte sich um sein Vermögen. Der Mann konnte nicht nur
eine Zeitung erfolgreich führen, sondern hinterliess 1953, als er in Lugano
starb, seiner einzigen Tochter sehr viel Geld.
Ohne Vergangenheit keine Zukunft
Eugenio
Balzan hätte sich bestimmt auch für das Lebenswerk von Aleida und Jan Assmann
interessiert: Kollektives Gedächtnis oder die gemeinsame Erarbeitung des
Konzepts „kulturelles und kommunikatives Gedächtnis“ – beide Gedächtnisformen lassen sich unter dem
Begriff des kollektiven Gedächtnisses subsumieren. Das kommunikative Gedächtnis
beruht auf Alltagskommunikation und umfasst das, was die Menschen aus ihrer
Erinnerung an die unmittelbare Vergangenheit der nächsten Generationen
weiterreichen. Dieses Gedächtnis lebt jedoch nicht länger als 100 Jahre. Durch
das kommunikative Gedächtnis konnte bis heute beispielsweise die Erinnerung an
den Holocaust bewahrt werden, da Überlebende von den Verbrechen berichten. Das
kulturelle hingegen, ist die äussere Dimension des menschlichen Gedächtnisses,
damit sich die Vergangenheit über Jahrtausende hinweg rekonstruieren lässt. Denkmäler,
Zeitzeugen, Kunst oder Literatur sind Teil des kulturellen Gedächtnisses – im
Grunde auch der Balzan-Preis. Nach der Auffassung von Aleida und Jan Assmann
hat die Tochter von Eugenio Balzan mit der Gründung dieser Stiftung ein kulturelles
Gedächtnis zur Förderung der Forschung geschaffen und damit den Namen Balzan,
zumindest in den Köpfen der Wissenschaftler, als kollektives Gedächtnis
memoriert. Am 17. November werden in Bern Aleida Assmann, emeritierte
Professorin für Anglistische Literaturwissenschaft der Universität Konstanz und ihr Mann Jan Assmann, emeritierter
Professor für Ägyptologie der Universität Heidelberg den Balzan-Preis in Empfang nehmen.
Warum die Ehre auch dem Nachwuchs gut tut
„Preise
in ungewöhnlichen Kategorien“, titelt die NZZ am 11. September 2017. Die
Balzan-Stiftung ehrt dieses Jahr Leistungen in den Gebieten «Kollektives
Gedächtnis», «Gender Studies», «Immunologische Ansätze in der Krebstherapie»
sowie «Die Planeten des Sonnensystems und die Exoplaneten». Und Robert Owen
Keohane der Princeton University, USA wird nachträglich mit dem Balzan-Preis
2016 für «Internationale Beziehungen: Geschichte und Theorie» ausgezeichnet. Am
Donnerstag, den 16. November werden sich alle Geehrte in einem
interdisziplinären Forum in Bern treffen, über ihre Arbeiten und deren Auswirkung
in der Gesellschaft berichten. Am Tag danach wird die Preisübergabe im
Nationalratssaal im Bundeshaus zusammen mit Bundesrätin Doris Leuthard
zelebriert. Die Verleihung der Preise erfolgt in jährlichem Wechsel in Rom oder
in Bern. Seit 1961 vergibt die Stiftung vier Auszeichnungen in wechselnden
Fachgebieten aus Kunst und Kultur, Geisteswissenschaften, Medizin und
Naturwissenschaften. Jeder Preis ist mit 750’000 Schweizer Franken dotiert.
Alle drei bis sieben Jahre wird ein Friedenspreis von einer Million Schweizer
Franken verliehen. Seit dem Jahr 2001 müssen die GewinnerInnen die Hälfte des Geldes
in Forschungsprojekte von Nachwuchsforschern investieren. Schon sind die Ausschreibungsthemen
für 2018 bestimmt: «Sozialanthropologie», «Globalgeschichte», «Fluiddynamik»
und «Chemische Ökologie», wie auch der Sonderpreis für «Humanität, Frieden und
Brüderlichkeit unter den Völkern»...
--> https://www.nzz.ch/wissenschaft/balzan-preise-2017-endlich-auch-ein-wuerdiger-kandidat-fuer-eine-kategorie-aus-dem-vorjahr-ld.1315578
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