Dr. Franca Siegfried Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Sie fährt die
Elektrolimousine Tesla und ist nie offline – Bundespräsidentin Doris Leuthard
gibt im Magazin zum ersten Schweizer Digitaltag „Schweiz 4.0“ ein Interview:
„Die Digitalisierung verändert von Grund auf die Art, wie wir leben, lernen und
arbeiten. Deshalb hat der Bundesrat eine Strategie zu dieser Thematik
entwickelt und Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung sowie Politik dazu
eingeladen, sich mit Anregungen, Fragen und Projekten in die Diskussion
einzubringen oder auch Sorgen auszudrücken.“ Das Gespräch mit der
Bundespräsidentin dreht sich jedoch vor allem um Bügel- und Abwasch-Roboter,
wie auch künstliche Intelligenz.
Passivmitglied Mensch
Im gleichen
Magazin „Schweiz 4.0“ macht sich Ludwig Hasler, Philosoph und Publizist
Gedanken über die Welt im digitalen Wandel, die dazu neigt, dass der Mensch zum
Passagier statt zum Piloten wird: „Sind wir künftig nur noch Haustiere der
Algorithmen, die im Silicon Valley bewirtschaftet werden?“ Hasler entzaubert
die Digitalisierung als technische Vernetzung und hofft jedoch auf eine
Symbiose zwischen Mensch und Maschine. Als Beispiel illustriert er den
Pflege-Roboter am Spitalbett. Er beziehe das Bett frisch, erledige die
Intimwäsche beim Kranken und räume das Zimmer auf. Der Krankenpflegerin bleibe die
Aufgabe, wofür sie bis anhin keine Zeit hatte – Zuwendung und Gespräch. Mit
seinem Beispiel stellen sich neue Grundsatzfragen: Wer will sich von einem
Roboter waschen lassen, der auf Voice Commands einseift, spült und rubbelt? Wem
wird der Roboter unterstellt sein – der Stationsschwester oder dem Chefarzt?
Die neue Mündigkeit
Der Arbeitspsychologe
Felix Frei beschäftigt sich mit der Frage, warum die Hierarchie mit den
unmündigen Facetten eines patronalen Führungsgefälles in der Digitalisierung zum
Auslaufmodell wird. Der Schlüssel für ein neues Organisationsprinzip sei
Verantwortung, schreibt Felix Frei. Wem Verantwortung jedoch jederzeit
unangekündigt wieder genommen wird, der wird sich nie konsequent verantwortlich
verhalten. Zudem gerät in der Digitalisierung die Hierarchie von aussen unter
Druck. Die Agilität, die mit dem digitalen Wandel von einer Organisation
verlangt wird, ist durch eine formale Hierarchie nicht möglich. Zudem krankt eine
Hierarchie an der Trägheit und tendiert zur Gleichgültigkeit, was sich mit der
Digitalisierung schlecht verträgt. Die Basis einer neuen Organisation bilden selbstführende
Teams, die über Kompetenzen verfügen und ihre Arbeit eigenständig erledigen.
Dazu braucht es eigene Spielregeln und definierte Prozesse – Vertrauen ist die Voraussetzung
für Führung und Zusammenarbeit. Im Zentrum der Arbeit in der neuen Organisation
steht der Sinn bzw. die intrinsische Motivation des Individuums (siehe
Psychoscope 5/2017, Seite 11, das Magazin der Föderation der Schweizer
Psychologinnen und Psychologen FSP). Nach Felix Frei wird in der
Digitalisierung Führung nicht abgeschafft werden, sie bekommt jedoch eine neue
Rolle: Führung wird temporär und kontextabhängig von vielen übernommen. Der
Arbeitspsychologe ist sich bewusst, dass der Prozess zu neuen
Organisationsformen nicht von heute auf morgen geschieht, zumal es von den
Betroffenen eine reife, persönliche Handlungslogik verlangt, die sich erst noch
entfalten muss. Tatsache ist, die berufliche Sozialisation zur Unmündigkeit ist
ein Auslaufmodell – der Taylorismus hat ausgedient.
Chef setzt auch Vertrauen
Mit dem digitalen Wandel entwickeln sich in der Arbeitswelt notgedrungen neue Organisationsformen, die nicht nur die unteren und mittleren Chargen betreffen, sondern auch in der Teppichetage ihren Tribut verlangen. Bislang hatten MitarbeiterInnen eine Position im Organigramm, neu werden sie nur noch Rollen übernehmen, die sie je nach Kompetenz und Bedürfnissen der Organisation ausüben müssen. Was in hierarchischen Organisationen zu starren Abteilungen führte, wird sich mit dem Rollenmodell zu vielfältigeren Arbeitsformen entwickeln. Entscheidungen werden nicht mehr nach der Top-Down-Methode getroffen und Führungskräfte werden sich zu Coaches weiterbilden müssen. Zentral ist auch folgende Erkenntnis: „Der Führungsstil wandelt sich und wird zunehmend partizipativ, kollaborativ und basiert auf Vertrauen.“ (siehe Psychoscope 5/2017, Seite 9, das Magazin der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP).
Mit dem digitalen Wandel entwickeln sich in der Arbeitswelt notgedrungen neue Organisationsformen, die nicht nur die unteren und mittleren Chargen betreffen, sondern auch in der Teppichetage ihren Tribut verlangen. Bislang hatten MitarbeiterInnen eine Position im Organigramm, neu werden sie nur noch Rollen übernehmen, die sie je nach Kompetenz und Bedürfnissen der Organisation ausüben müssen. Was in hierarchischen Organisationen zu starren Abteilungen führte, wird sich mit dem Rollenmodell zu vielfältigeren Arbeitsformen entwickeln. Entscheidungen werden nicht mehr nach der Top-Down-Methode getroffen und Führungskräfte werden sich zu Coaches weiterbilden müssen. Zentral ist auch folgende Erkenntnis: „Der Führungsstil wandelt sich und wird zunehmend partizipativ, kollaborativ und basiert auf Vertrauen.“ (siehe Psychoscope 5/2017, Seite 9, das Magazin der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP).
Der Untergang des „Über-Ich-Menschen“
Der Feldherr
auf dem Hügel – Führung sozialer Systeme, beginnt damit, dass einer an der
Spitze steht, der besser als die anderen versteht, um was es geht und entsprechende
Massnahmen einleiten kann. Das war einmal. „Eine Welt bricht zusammen. Es
stirbt etwas. Es muss zugrunde gehen, damit etwas Neues beginnen kann“. Helmut
Geiselhart geht mit den aktuellen Arbeitsorganisationen scharf ins Gericht. Der
Philosoph, Theologe und Finanzwissenschafter erarbeitete ein Konzept des
lernenden Unternehmens. In Anlehnung an Niklas Luhmanns Systemtheorie, dass nicht
nur lebende Systeme der Natur, sich dem Prozess der Selbsterschaffung und
-erhaltung unterordnen, können sich auch soziale Systeme entsprechend
entwickeln. Diesem Gedanken der autopoietischen Funktion folgt Geiselhardt und
sieht für zukünftige Aufgaben, die von der Digitalisierung geprägt sind, neue
Formen des Zusammenwirkens. Es brauche nicht mehr narzisstische
Persönlichkeiten, die auf sich selber fixiert sind, auch keine zwanghaften
Gestalten, die alles im Griff haben wollen. Gemäss Geiselhardt braucht es
Menschen, die den inneren Freiheitsspielraum nutzen und bereit sind für andere
„Umwelt zu sein“. Der neue Idealtypus soll Regeln kennen, sich an Normen halten,
in denen auch das Ungewöhnliche Platz hat als Voraussetzung für echte
Innovationen (siehe Psychoscope 5/2017, Seite 15, das Magazin der Föderation
der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP).
Digitale Mobilmachung
„Handeln also. Und zwar schnell. Aber wie? Genau diese Frage
soll die erstmals durchgeführte Konferenz «Digitale Schweiz» in Biel
beantworten“, schreibt der Tages-Anzeiger (20.11.2017). Die 700 Plätze waren am
letzten Montag ausgebucht. Neben Doris Leuthard und Walter Thurnherr zwängten
sich Parteipräsidenten, National- und Ständeräte, Staatssekretäre,
Wirtschaftsführer, Wissenschaftler, Chefbeamte und Lobbyisten in den Saal. Und Wirtschaftsminister
Johann Schneider-Ammann schaute vorbei. In Folge wurde am letzten Dienstag an
rund 100 Veranstaltungen das Volk über die «Chancen der Digitalisierung»
informiert. SRF liess Roboter Pepper die Sendung «Schweiz aktuell» moderieren:
Abermals halfen drei Magistraten (Leuthard, Schneider-Ammann und SP-Innenminister
Alain Berset), die Botschaft zu verstärken: „Da rollt etwas Grosses auf die
Schweiz zu. Wir müssen uns rüsten. Die digitale Mobilmachung duldet keinen
Aufschub“, schreibt der Tages-Anzeiger. Digitale Mobilmachung – noch dominiert das
Bild „des Feldherrn auf dem Hügel“ bei den Schweizer Digitalisierungs-Propheten...
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