Dr. Franca Siegfried Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Eine
Spezies, dessen Wurzeln sich bis ins Jahr 2004 zurückverfolgen lässt: Der
Idealtypus des Homo facebookiensis. Er ist
kein Jäger und auch kein Sammler, sondern ein Schreiber und „Poster“. Mit einer
selbstlosen Hilfsbereitschaft teilt er alle möglichen Informationen, die ihn
erreichen. Sein Verständnis für Öffentlichkeit hat sich dem virtuellen Raum
entsprechend angepasst. Alles Private ist für den Homo facebookiensis
öffentlich verhandelbar geworden. Zumal Facebook seinem Privatleben eine geradezu
ideale Bühne bietet. Er muss nicht mehr abends in eine Stammkneipe oder in
einem Sportclub Menschen treffen bzw. Freundschaften pflegen – es geht auch virtuell
– ohne geografischen Ort, ohne Zeitrahmen und bestimmten Raum. Virtuelle
Freundschaften haben obendrein eine andere Maxime als im realen Leben – Quantität
vor Qualität. Ein Homo facebookiensis sammelt friends wie Bonuspunkte im
Supermarkt.
Zuckerbergs Formel
„Vielleicht war es ja wirklich so, wie Mark Zuckerberg es
immer noch erzählt. Dass er seine „Mission“ nur darin sah, „die Welt
miteinander zu verbinden“, das schreibt der Tages-Anzeiger (05.04.2018). Der damals
20-Jährige Mark Zuckerberg hatte mit drei Kommilitonen zusammen an der Harvard
Universität bei Boston das soziale Netzwerk erfunden. Nach einem Ex-Manager von
Facebook geht es darum, Facebook so zu konstruieren, dass Nutzer möglichst viel
Zeit damit verbringen. Zum Verständnis von Zuckerbergs Formel braucht es keine höhere
Mathematik: Je länger der Homo facebookiensis im sozialen Netzwerk bleibt, umso
mehr Daten liefert er. Und! Je länger er im Netz ist umso mehr Werbung kann ihn
erreichen, welche die Kassen von Facebook und Co. füllen.
Von Ahnungslosen und
Ignoranten
„Facebook ist ein Unternehmen, das auf eine
Gewinnmaximierung abzielt, es ist keine Wohlfahrtseinrichtung. Facebook zwingt
auch niemanden, Persönliches oder Politisches mit „Freunden“ zu teilen“,
schreibt Thomas Beschorner, Professor für Wirtschaftsethik und Direktor des
Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen (NZZ 28.03.2018).
Facebook werde zum Opfer kapitalismusfeindlicher Berichterstattung in den
Medien. Die Annahme, es handele sich bei der Cambridge-Analytica-Affäre um eine
Sicherheitslücke, die Facebook nicht mit genügender Sorgfalt behandelt habe,
sei aus der Luft gegriffen. Tatsache ist, dass der Homo facebookiensis kein Geld für das
soziale Netzwerk zahlt. Seine Währung ist die persönliche Information, welche
Facebook über Werbeeinblendungen und das Weitervertreiben der Daten
monetarisiert. Kurzum – Facebook sei eine Säule des Kapitalismus. Und die
wichtigste Ressource sei die Bereitschaft der Menschen, freizügig Informationen
über sich zu verbreiten. „Das Unternehmen zwingt niemandem einen Account auf,
drängt niemanden dazu, Persönliches oder Politisches mit „Freunden“ zu teilen,
sondern befriedigt ein gesellschaftliches Bedürfnis“, notiert Professor
Beschorner. „Die Ahnungslosigkeit oder die Ignoranz der User in Bezug auf die
Verwendung der Daten möge man Facebook bitte nicht zum Vorwurf machen. Die
allgemeinen Geschäftsbedingungen sind präzise formuliert“.
Demokratieförderer Facebook?
„Den meisten dürfte dabei nicht bewusst sein, dass Facebook ihnen auf Schritt und Tritt folgt, auch ausserhalb des sozialen Netzwerks“, schreibt die NZZ (29.03.2018). Mark Zuckerbergs Mission basiert auf einem Geschäftsmodell, das mit seinem Wachstum und phänomenaler Profitabilität zum Modell aller Modelle mutierte. Mittlerweile werden 2,1 Mrd. Nutzer im sozialen Netzwerk von Facebook observiert: jeden Kommentar, jedes „Gefällt mir“ einer Facebook-Seite eines Unternehmens oder eines Stars, jedes „Abonnement“ einer Seite, jedes Foto, das die Nutzer posten, und jeden Link, den sie anklicken oder setzen. Facebooks Datenzentrum registriert von welchem Ort und Endgerät sich die Nutzer einloggen. Und Facebook kennt die Kreditkarte von jenen, die etwas über Facebook gekauft haben. Seit der Cambridge-Analytica-Affäre, ist jedoch die Euphorie getrübt. Daten von bis zu 87 Mio. Facebook-Kunden sind in die Hände einer politischen Beratungsfirma gelangt. Mit der Diskussion um Facebooks Rolle hat sich die Bewunderung für das Geschäftsmodell gewandelt: Das soziale Netzwerk gilt heute auch als Motor für die Verbreitung von Fake-News, welche politische Wahl- und Entscheidungsprozesse verzerrt. Recherchen vom aktuellen „Magazin“ (07.04.2018) zeigen, dass Facebook in EU-Länder einen „Geh wählen“-Knopf einsetzt zur Förderung erhöhter Wahlbeteiligung. Betroffen sind etwa Deutschland, Italien oder beim Brexit-Referendum Grossbritannien – die Schweiz blieb bis anhin vom Facebook-Knopf verschont.
„Den meisten dürfte dabei nicht bewusst sein, dass Facebook ihnen auf Schritt und Tritt folgt, auch ausserhalb des sozialen Netzwerks“, schreibt die NZZ (29.03.2018). Mark Zuckerbergs Mission basiert auf einem Geschäftsmodell, das mit seinem Wachstum und phänomenaler Profitabilität zum Modell aller Modelle mutierte. Mittlerweile werden 2,1 Mrd. Nutzer im sozialen Netzwerk von Facebook observiert: jeden Kommentar, jedes „Gefällt mir“ einer Facebook-Seite eines Unternehmens oder eines Stars, jedes „Abonnement“ einer Seite, jedes Foto, das die Nutzer posten, und jeden Link, den sie anklicken oder setzen. Facebooks Datenzentrum registriert von welchem Ort und Endgerät sich die Nutzer einloggen. Und Facebook kennt die Kreditkarte von jenen, die etwas über Facebook gekauft haben. Seit der Cambridge-Analytica-Affäre, ist jedoch die Euphorie getrübt. Daten von bis zu 87 Mio. Facebook-Kunden sind in die Hände einer politischen Beratungsfirma gelangt. Mit der Diskussion um Facebooks Rolle hat sich die Bewunderung für das Geschäftsmodell gewandelt: Das soziale Netzwerk gilt heute auch als Motor für die Verbreitung von Fake-News, welche politische Wahl- und Entscheidungsprozesse verzerrt. Recherchen vom aktuellen „Magazin“ (07.04.2018) zeigen, dass Facebook in EU-Länder einen „Geh wählen“-Knopf einsetzt zur Förderung erhöhter Wahlbeteiligung. Betroffen sind etwa Deutschland, Italien oder beim Brexit-Referendum Grossbritannien – die Schweiz blieb bis anhin vom Facebook-Knopf verschont.
Multi-Level-Marketing
2.0
„Was für Tupperware, Kräuterkapseln und Versicherungen funktioniert,
geht auch mit Daten“, schreibt der Jurist Milosz Matuschek in seiner Kolumne
(NZZ 26.03.2018).
„Seit letzter Woche dürften nun auch die Letzten vom Baum
der Erkenntnis genascht haben, dass es (ausser im Paradies) kein freies
Mittagessen gibt. Facebook ist kostenlos, aber nicht umsonst. Der Kunde ist
nicht König, er ist das Produkt. Die Datenverwendung durch Cambridge Analytica
ist dabei nur die Spitze des Eisberges.“
In 15 Min zum Meinungsroboter
Auch in der Schweiz kommen in sozialen Netzwerken manipulative
Techniken zum Einsatz. An der Fachhochschule Nordwestschweiz wurde die
Meinungsbildung vor der No-Billag-Abstimmung auf Twitter untersucht. Professor
Stefan Gürtler warnt vor Meinungsroboter, die mit Fake News den politischen
Diskurs beeinflussen: „Bei einem Prozent der Twitter- Accounts haben wir
Manipulationen gefunden. Sie setzten 200 bis 1000 Nachrichten pro Tag ab. Verschiedene
Twitterdiskussionen verfolgen und grosse Mengen an Tweets schreiben,
beantworten und weiterleiten kann man nur mit technischen Hilfsmitteln“, sagt
Stefan Gürtler der Aargauerzeitung (05.04.2018). „Zum Teil haben sie in einer
Zehntelsekunde Nachrichten beantwortet oder weiterverbreitet. Kein Mensch kann
so schnell tippen!“ Das Forscherteam hat jedoch nicht die Wirkung der
Botschaften untersucht und sie haben auch nicht die Manipulierer bzw. die
sogenannten Cyborgs enttarnt. „Was sie tun, ist nicht illegal. Doch wenn die
manipulativen Aktivitäten im Netz zunehmen, besteht die Gefahr einer
Schweigespirale“, sagt Gürtler. „Mithilfe von Apps kann sich heutzutage jeder
User in einen Cyborg verwandeln. Um einen Social Bot zu programmieren, genügen
wenige Programmzeilen. Zeitaufwand für geübte Nutzer: eine Viertelstunde...“
-->
Bei #digitale21 sind
Menschen gefordert
Über Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, selbstfahrende
Autos, digitale Plattformen und mit Blick auf die aktuelle Debatte über
Meinungsroboter wird in den nächsten Tagen in Lugano diskutiert werden. Die
Akademien der Wissenschaften Schweiz veranstalten vom 11. bis 13. April in
Lugano das Symposium #digitale21. Persönlichkeiten aus der Wissenschaft,
Bildung, Forschung und Wirtschaft treffen sich, um Auswirkungen der
Digitalisierung auf Bildung, Lehre und Arbeit im 21. Jahrhundert zu
diskutieren. An Breakout Sessions werden an den Bundesrat Empfehlungen zu den
Themen „Digitalisierung und Bildung“, „Digitalisierung und Gesellschaft“,
„Digitalisierung und Kreativität“ wie auch „Digitalisierung und Wirtschaft“
ausformuliert – am 12. April wird Bundesrat Ignazio Cassis eine Grussbotschaft
überbringen.
https://www.digitale21.ch/
https://www.digitale21.ch/
Kommentare